Vorausschickend möchte ich erwähnen, dass jeder Weinführer Vor- und Nachteile hat. Der eine mag konzentrierte, alkoholreiche Weine, der andere lieber elegante Weine. Die Kritiker haben nunmal ihre Lieblingsweingüter und Winzer, völlig neutral ist keiner (das ist natürlich auch fast nicht möglich), manchmal spielen auch freundschaftliche Verbundenheit oder wirtschaftliche Interessen eine gewisse Rolle.
Wenn man aber einige Weine probiert und die jeweiligen Bewertungen dazu gelesen hat, weiß man recht gut, wie die Kritiken und Vorlieben einzuschätzen sind und kann sich danach richten.
Vor allem sollte man sich aber selbst durch Verkosten und Vergleichen eine eigene Meinung bilden. Außerdem stellt jede Verkostung nur eine Momentaufnahme und oft auch eine Zukunftsprognose dar, jeder Wein verändert sich im Lauf der Jahre und es lohnt sich, diese Veränderungen zu verfolgen.
Alle Weinführer erscheinen jährlich mit den aktuellsten Verkostungen und Bewertungen. Ich beginne entsprechend meinem Sortiment mit den fünf wichtigsten italienischen Führern, denen die wichtigsten sonstigen Kritiker und Weinführer folgen.
1. GAMBERO ROSSO
Der Weinführer „Vini d’Italia“ vom italienischen Verlag Gambero Rosso ist der bekannteste Weinführer für italienische Weine. Die fachkundigen Bewertungen des allgemein nur „Gambero Rosso“ genannten Führers machen ihn unangefochten zum Standardwerk für den italienischen Wein.
Die Weine werden von mehreren Fachleuten in Blindtests verkostet und in Kurzportraits vorgestellt und bewertet. Im Gambero Rosso aufgeführte Weine ohne Bewertung gelten bereits als Weine von überdurchschnittlicher Qualität, zur weiteren Qualitätskennzeichnung werden Weingläser vergeben:
1 Weinglas für gute Weine
2 Weingläser für sehr gute Weine
3 Weingläser (tre bicchieri) sind die Höchstnote für außergewöhnliche Weine
Außerdem erhalten Weine, die an der Endausscheidung für „3 Weingläser“ teilnehmen durften, jedoch die „3 Gläser“ nicht bekommen haben, „2 rote Gläser“.
Manche Weingüter sind mit den Bewertungen nicht einverstanden und nehmen an den Verkostungen nicht teil, andrerseits fördern gute Bewertungen natürlich enorm den Verkauf und die Bekanntheit.
In den letzten Jahren ist der Gambero Rosso dazu übergegangen, für jedes Weingut nur einmal die „3 Gläser“ zu vergeben, was für mich völlig unverständlich ist, da es ja durchaus vorkommen kann, dass ein Weingut mehr als einen außergewöhnlichen Wein erzeugt hat.
2. ROBERT PARKER
Der Amerikaner ist der weltweit am meisten beachtete und einflussreichste Weinkritiker, besonders für Bordeaux- und andere französische Weine und bewertet unabhängig in einem 100 Punkte-Schema. In seiner Zeitschrift „The Wine Advocate“ schreibt der gelernte Rechtsanwalt regelmäßig aber auch über andere Regionen, wobei er sich hier meist auf seine Mitarbeiter verlässt.
Italienische Weine werden derzeit von Monica Larner bewertet, die ab etwa Mitte 2013 Antonio Galloni, den langjährigen Mitarbeiter Parkers für Italien, abgelöst hat.
Manche Weingüter änderten ihre Techniken in der Weinbereitung so, dass Weine entstehen in dem Stil, den Parker bevorzugt, um ihre Weine mit hohen Parker-Punkten besser und teurer zu verkaufen. So wurden und werden mit viel Barriqueeinsatz vollmundige, reife Weine produziert, die einen hohen geschmacklichen Anteil nach Eiche, Alkohol und Extrakten aufweisen.
Eine Parker-Bewertung von 90 und mehr Punkten bedeutet, dass dieser Wein in seinem Urteil ein Wein von hoher Qualität ist, Wertungen unter 80 Punkten werden bereits nicht mehr erwähnt, obwohl die meisten „normalen“ und bezahlbaren Weine zwischen 70 und 80 Punkten angesiedelt sind.
3. ANTONIO GALLONI
Galloni hat sich nach der Trennung von Robert Parker 2013 selbständig gemacht und veröffentlicht nun auf seiner eigenen Seite „Vinous“ seine fundierten Kritiken, inzwischen auch für andere Länder als Italien. Er ist durch seine langjährige Tätigkeit in diesem Land sicher einer der besten Kenner der italienischen Weinszene und deren Entwicklung, hat aber in jüngerer Zeit einige eigenwillige Bewertungen veröffentlicht (besonders für Weine aus dem Piemont), die nicht von jedem nachvollzogen werden konnten.
4. I VINI DI VERONELLI
Luigi Veronelli war der bekannteste italienische Gastrokritiker. Nach seinem Tod 2004 wird seine Arbeit von den Mitarbeitern weitergeführt, die Bewertungen haben aber etwas an Bedeutung verloren. Der „Veronelli“ enthält mehr Weine als der „Gambero Rosso“, dafür sehr kurze Beschreibungen und oft auch nur die Namen der Weine, Punktangaben oder Symbole und Angaben zur produzierten Menge.
Für die Bewertungen werden hier Sterne vergeben und zwar maximal 3 Sterne als Höchstnote (Super tre Stelle).
5. WINE SPECTATOR
Das amerikanische Magazin „Wine Spectator“ ist die meistgelesene Weinzeitschrift der Welt und bewertet weltweit nach einem 100 Punkte-Schema. Sehr einflussreich im englischsprachigen Raum; für Italien ist James Suckling zuständig.
6. FALSTAFF
Bekannte österreichische Wein- und Gourmetzeitschrift mit internationaler Beachtung (inzwischen auch mit deutscher Ausgabe), bewertet auch italienische Weine mit besonderer Beziehung zu Südtirol. Bewertet werden die Weine ebenfalls nach dem 100 Punkte-Schema.
7. DUEMILAVINI / BIBENDA
Der „Duemilavini“ der einflussreichen italienischen Sommeliervereinigung AIS vergibt als höchste Auszeichnung die „Cinque Grappoli“ (fünf Trauben). Die Bewertungen sind immer sehr interessant, da hier auch weniger bekannte Weine erwähnt werden.
Ab 2013 heißt der Führer nun „Bibenda“.
8. VINI D’ITALIA DELL‘ESPRESSO
Der „Espresso“ vom großen Zeitschriftenverlag „L’Espresso – La Repubblica“, bewertet in einem 20 Punkte-Schema nach Flaschen, die Höchstnote sind die „Cinque Bottiglie“ (Fünf Flaschen).
9. GAULT MILLAU WEINGUIDE
Der bekannteste Weinführer für deutsche Weine (vor dem „Eichelmann“), nun mit Joel Payne als alleiniger Herausgeber. Die Weine werden mit einer 100 Punkte-Skala und in offenen Verkostungen bewertet. Weingüter werden mit bis zu fünf Trauben ausgezeichnet, jedes Jahr wird auch der beste deutsche Winzer gekürt.
Neben den vorgenannten Weinführern und Kritikern gibt es noch weitere, die sich aber über die angebotenen Weine und Regionen entweder nicht äußern oder m. E. nicht so bedeutend sind.